Seit über drei Jahren, wenn nicht seit dem Beginn meiner Fotografie-Leidenschaft, habe ich mich immer nach Sichtungen des seltenen Wiedehopfes bemüht. Dieser außergewöhnliche und exotisch wirkende Vogel zieht sich hierzulande schon seit langen aus seinen ehemaligen Brutgebieten zurück. Die fortschreitende Urbanisierung, die Landwirtschaft mit Pestiziden, verschwindende Brachflächen, die Zerstörung alter Obstplantagen und Beseitigung von Totholz raubt ihm zusehends seine Lebensgrundlage. Im Wesentlichen ernährt sich der Wiedehopf von größeren Insekten wie Grillen und Engerlinge, die er auf Wiesen und in alten Hölzern findet.
Er wirkt von weitem viel größer, als er in der Tat ist. Seine schöne Haube, die er bei der Balz oder in Aufregung aufstellt und die schöne orangefarbene und schwarz weiße Federfärbung sind unverwechselbar. Im Flug erkennt man ihn an seinen wellenförmigen Bewegungen und in der Balzzeit hört man sein „Hupup“, wenn er auf einem ausgewählten Ansitz sitzt und sein Weibchen lockt. Wiedehopfe sind sehr standorttreu und brüten oft jahrelang am selben Brutplatz – wenn sie noch vorhanden sind. In Deutschland findet man sie heute unter anderem noch am Kaiserstuhl, in den Weinbergen, Wiesen und naheliegenden Obstplantagen.
Selbstredend gehörte ich auch zu denen, die die lange Reise auf sich nahmen, um diesen außergewöhnlichen Vogel fotografieren zu können. Und tatsächlich habe ich ihn auch zwischen den Weinstöcken umher fliegen sehen, so wirklich fotofreundlich ließ er mich jedoch nicht an sich heran. Mittlerweile werden die bekannten Hotspots von Naturschutzvereinen überwacht und regelmäßg kontrolliert. Der Andrang war offensichtlich zu hoch und die Bruten durch die vielen Störungen gefährdet. Mittlerweile sind hohe Strafen fällig, wenn man einem Brutplatz zu nahe kommt. Gut für den Wiedehopf und ohne Frage berechtigt, aber schade für die verantwortungsbewussten und vorsichtigen Fotograf*innen. Letztendlich jedoch ein Gewinn für die Erhaltung und vor allem auch die Wiederansiedlung dieses seltenen Vogels – ein Foto sollte immer hinter dem Wohl eines jeden Tieres stehen.
Auch in Brandenburg wusste ich von einigen Vorkommen. Die vielen Truppenübungsplätze und der sandige, trockene Boden bietet dem Wiedehopf eine gute Lebensgrundlage. So gibt es mittlerweile einige, staatlich unterstützte Wiederansiedlungs-Programme. Auch engagierte Vogelschützer pflegen heute freie Flächen oder alte Baumbestände und helfen den Wiedehopfen mit Nisthilfen auf die Sprünge. Der Klimawandel dürfte den Wiedehopf zu einem Gewinner dieser Veränderungen machen – die Sommer werden wärmer und die Böden trockener. Was des einen Leid, ist es des anderen Freud…
In den vergangenen Jahren sah ich den Wiedehopf also nur sporadisch, so sehr ich ihn auch suchte. Dabei reiste ich dieses Jahr in den Oderbruch und nach Polen an die Wehra-Mündung, wo noch höhere Zahlen an Sichtungen und vor allem Brutpaaren gemeldet werden. Ich sah erfreulicherweise auch mehrfach, völlig unerwartet – sowohl in gepflegten Gärten kleiner Dörfer, als auch auf Waldwegen, Wiesen und Sportplätzen, wo er plötzlich auftauchte. Ein Wiedehopf im Garten… welcher Fotograf träumt nicht von so einer Gelegenheit…?! Offensichtlich wurde er durch die Beregnungsanlage des schicken Gartens angezogen, die widerum Regenwürmer und Larven angelockt hatte Doch so schnell er kam, verschwand er auch wieder und ich gab mein Vorhaben für dieses Jahr auf. Schon im August verlassen die Vögel ihre Reviere und ziehen über den Winter in wärmere Zonen.
Genauso unerwartet bekam ich jedoch eine Gelegenheit, den Wiedehopf doch noch mal fotografieren zu können. Und das sogar in der Nähe seiner Bruthöhle, die Jungvögel standen kurz vor ihrem Ausflug – es ging im wahrsten Sinne des Wortes um jede Minute. Sofort sagte ich zu und morgens vor Sonnenaufgang befand ich mich im einem getarnten Untersitz, ziemlich aufgeregt und voller Erwartung. Kaum angekommen, flogen auch schon zwei der drei Jungvögel aus, ein Jungvogel befand sich noch in der Höhle. Entweder wollte er sein Hotel Mama noch nicht verlassen, oder er getraute sich nicht. Für mich war es von Vorteil, denn so konnte ich bis zum Nachmittag die Fütterung durch die Altvögel und dessen Bemühungen, das Nesthäkchen flügge zu kriegen, hautnah miterleben. Es war eines meiner Highlights des Jahres, den Wiedehopfen zuzusehen und auch einige schöne Fotos machen zu können. Gleichwohl das Versteck reichlich unbequem war, vermied ich es, dieses zu verlassen, um die Vögel nicht zu beunruhigen.
Als Wildlife- Fotograf*in erlebt man solche, langen und oft bewegungsarmen Stunden nicht ohne Mühen, doch die Stunden vergehen wie im Flug. Kreuz, Rücken oder Knie existieren für diese Zeit nicht, man spürt sie erst am Abend oder an den nächsten Tagen. Die dabei entstandenen Fotos, sollten sie denn gelungen sein, entschädigen für jeden schmerzenden Muskel. Es war ein wunderbarer und einmaliger Tag, bei den Wiedehopfen – sie so nah und ungezwungen erleben zu können, ist ein Geschenk.
Die Versuche der Altvögel, ihren Jungspund aus der heimeligen Behausung zu locken, steigerten auch meine Anspannung und Erwartung. Wann wird er denn nun endlich zu seinem ersten Flug aufbrechen, um die große, weite Vogelwelt zu entdecken? Doch er ließ sich Zeit und als ich am späten Nachmittag den Ansitz verließ, hockte er immer noch in seinem warmen Nest. Wenn ich denn nicht den entscheidenden Moment schlichtweg verpasst habe – was durchaus in einem unkonzentrierten Moment hätte geschehen können.
Doch so oder so – ich hatte einen unvergesslichen Tag. Hoffentlich kommen Eltern und Nachkommen gut durch den Winter und den Flug in den Süden. Und hoffentlich kann ich ihn im nächsten Jahr wieder besuchen, sehen und hören – den Wiedehopf mit seinem unverwechselbarem Ruf, seinem schönen Gefieder und vor allem seiner schönen Haube. Die ihn, wie ich finde, zu einem der einzigartigsten und schönsten Vogel in unseren Breiten macht. Ich habe, Dank ihm, eine meiner schönsten Fototouren 2020 erleben dürfen.
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6 Antworten
Wau!
Ein toller Vogel.
Einmalige Bilder.
Sofort war ich in der Erinnerung, wieder ein Kind,
meine Oma sang uns Lieder zum Einschlafen,
und eine Volksweisen-Melodie im Ohr,
Hoffmann von Fallersleben’s „Vogelhochzeit“.
Lieber Uhbee,
das freut mich sehr und willkommen.
Und ja, diese Oma kenne ich auch…
Danke und LG,
Andrea
(….) Vögel repräsentieren die Wanderer des Himmels und gleichzeitig repräsentieren sie das Wesen, das zur Erde gehört und in der Lage ist, hoch in der Luft zu wohnen ( ….)
aus: Inayan Khan, Bird Language, Verlag Heilbronn, 2017
Perfekt hast Du diese Erkenntnis eingefangen und eine bezaubernde Brücke gebaut,
zwischen dem prächtigen, stolzen und doch grazilen Wiedehopf und dem Beobachter
und ziehst damit alle anderen ( Zu-)“Schauer“ in den Bann!
Der Wiedehopf ist sieht wirklich aus, wie ein lustiger kleiner Schelm, der am Schluss des Tages immer einen Blumentopf gewinnt.
Liebe AnJu,
Willkommen – und Danke für Deinen Kommentar und das schöne Zitat.
Der Wiedehopf gewinnt nicht nur einen Blumentopf, sondern Herzen im Flug.
Hoffen wir, dass er auch eine langfristige Chance zur Wiederkehr bekommt.
Danke und LG,
Andrea
Wunderschöne Bilder. Wir kommen gerade aus Kroatien, Pula. Dort habe ich auf dem Campingplatz am Waschhäuschen einen Wiedehopf gesehen. Er war sehr munter bei 33 Grad und suchte auf dem Boden nach Futter. Der Campingplatz ist inmitten von unzähligen Kiefern. Eigentlich ein Kiefernwald. Ich habe mich sehr gefreut, diesen Vogel zum ersten Mal zu sehen.
Liebe Kirstin,
schön, dass Du hergefunden hast und noch schöner, dass auch Du den Wiedehopf beobachten konntest.
In den südlichen Ländern findet man den Wiedehopf noch öfter, hier gehört er wohl zu den Gewinnern des Klimawandels.
Sie leben durchaus auch nahe und in lichten Wäldern, seine Nahrung sucht er häufig auf sandigen und trockenen Wiesen.
Danke Dir und Herzliche Grüsse,
Andrea