ZwischenRaumNatur

Den grossen Brachvögeln ganz nah…

Grosser Brachvogel

Der hier nur noch selten zu sehende große Brachvogel ist eine der Limikolen-Arten, die mich stets besonders fesselte. Seine Größe schlechthin, der lange gebogene Schnabel,  ihn im Flug zu sehen – hat mich immer schon begeistert. Letzteres war aber auch die bevorzugte Art, wie dieser scheue Vogel sich mir zeigte. Zu Zugzeiten viel an Nord- und Ostsee unterwegs, blieb er mir oftmals verborgen und wenn ich ihn doch mal sah, dann in für fotografische Ambitionen unerreichbarer Ferne. Also blieb mir nur, ihm sehnsüchtig hinterherschauen. Auch schön, aber…

Im Spätsommer fuhren wir für ein Camper-Wochenende an die Ostsee zu einer Bucht, an der ich schon des Öfteren Brachvögel gesehen hatte. Das neuerworbene Floating Hide nahm ich eigentlich nur sporadisch mit, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Kaum waren wir an unserem Stellplatz, sah ich sie schon in der Ferne und lief zum Strand. Doch wie nicht anders gewohnt, ließen mich die scheuen Vögel kaum an eine passable Sichtweite heran. Sie waren schon am Horizont verschwunden, kaum dass ich die Uferbereiche erreichte. Was hatte ich auch erwartet…?!

Pünktlich kurz vor Sonnenaufgang am nächsten Morgen, stand ich mit Wathose,  Schwimmversteck und Kameraausrüstung im knietiefen Wasser der Bucht. Ich wollte vor Ort sein, bevor Strandbesucher, Reiter und Hunde den Strand bevölkerten – so hätte ich vl. eine Chance, den Limikolen etwas näher zu kommen. Doch sämtliche Wasservögel, die sich schon niedergelassen hatten, flogen auf und ich hockte die erste halbe Stunde wieder alleine im Wasser. Meine Hoffnung hielt sich entsprechend in überschaubaren Grenzen.

Doch – nach und nach kamen die Vögel wieder zurück, erst in sicherer Entfernung, dann stetig näher kommend. Zu Beginn noch zögernd – was denn da seltsames auf dem Wasser schwamm…?! – näherten sie sich meinem Versteck. Zu meiner Überraschung schienen sie mich schnell zu ignorieren, suchten im Wasser nach  Watwürmern oder ließen sich auf den Sandbänken nieder, um ihr Gefieder zu pflegen. Ihr Verhalten entspannte sich. Die Möwen schienen  eine Art Vorhut zu bilden und den anderen Vögeln mitzuteilen, ob die Luft rein ist.

Ich war ziemlich angespannt und aufgeregt. Wie so oft in solchen Momenten – wenn sich das Wunschmotiv nähert. Obwohl sich das Wetter spätsommerlich warm und freundlich präsentierte, wühlten immer wieder starke Böen das Wasser auf. 

Da das Floating Hide recht leicht ist, bewegte es sich mit jedem Windstoß mit. Nachdem ich zu Beginn vergeblich versuchte, den Vögeln vorsichtig „krabbelnd“ aktiv näher zu kommen, beließ ich es dabei, an einer Stelle zu bleiben und einfach nur zu warten. Ich konnte mich ja vorsichtig und ruhig in alle Richtungen drehen und so perfekt auf die wandernde Sonne einstellen. Ein Glück…, dass Passanten mich unter dem Tarnzelt nicht sehen konnten – ich hätte ohne meine Tarnung sicherlich ein komisches Bild abgegeben. Von weiten hörte ich Schüsse und war heilfroh, mich hier an einem tagsüber sehr belebten Strandsabschnitt zu befinden. Ich verdrängte mulmige „Jagdfantasien“ und konzentrierte mich wieder auf meine Motive.

Und dann, plötzlich… – waren sie da –  die großen Brachvögel! Ich konnte es kaum glauben, stellte meine Kamera auf Serienmodus und schoß los. Es war ein Glücksspiel, mein Gefährt und das Objektiv im zunehmenden Wind ruhig zu halten – aber das ein oder andere gute Foto würde schon dabei herumkommen. Zeit, die Aufnahmen zu kontrollieren, blieb mir nicht – immer in dem Bewusstsein, das solche Momente oftmals von kurzer Dauer sind. Ruhe bewahren und stillhalten – das ist in solchen Situationen einfach gesagt und so viel schwerer getan…!

Die folgenden zwei Stunden hielt ich gefühlt den Atem an. Ich hörte gar nicht mehr auf, den Auslöser zu drücken. Die imposanten Vögel näherten sich mir mit einer Selbstverständlichkeit, ihrer Futtersuche nachgehend und durchs Wasser schreitend. Ich konnte es kaum glauben. Ihnen so nah zu sein hätte ich mir nie zu träumen gewagt und nun saß ich mittendrin – unglaublich…

Sie liefen keine zwei Meter an mir vorbei und ich konnte ihre Bewegungen förmlich spüren. Mehrfach unterschritten sie die Naheinstellgrenze meines Objektivs, suchten unmittelbar neben mir im Wasser nach Watwürmern und kleinen Krebsen. Nicht wirklich entspannt, aber schon etwas konzentrierter gelangen mir fantastische Aufnahmen dieser Vögel.

Ich müsste lügen, wenn ich sagen wollte, die Aufnahmen seien zweitrangig. Aber die Unbefangenheit der Tiere so unmittelbar zu erleben, werde ich so schnell nicht vergessen. Das sind die Momente, wo ich keinen Zweifel mehr daran lasse, warum ich so manches Ungemach, Mühen und weite Wege auf mich nehme, um meine Wunschmotive zu fotografieren. Und, wo ich alles andere um mich herum völlig vergesse.

Als die Sonne höher stieg und erste Strandgäste den Strand aufsuchten, flogen die Vögel immer wieder auf. Erst da spürte ich die hochziehende Kälte des Wassers, das Licht wurde härter und ich zog mich langsam zurück. Es hatten sich einige Zaungäste am Ufer angesammelt, die mich und mein Floating Hide von weitem ungläubig und  misstrauisch beäugten. Nachdem sich das „wassernde Ufo mit Zielfernrohr“ jedoch als harmlos erwies, lächelten sie und zogen wieder beruhigt von dannen.

Am nächsten Morgen fand ich mich natürlich an Ort und Stelle wieder. Etwas organisierter und entspannter gelangen mir in zwei Stunden „fotowassern“ wieder einige schöne Aufnahmen bei bedecktem Himmel, der Wind hatte noch etwas zugelegt. Was für ein Wochenende…! Ich bin sicher, wenn es mir die Umstände erlaubt hätten, ich würde heute dort noch sitzen und staunen. Und die zwei Eisvögel, die keine 20 cm von meinem Guckfenster versuchten, mein Tarnzelt als Ansitz zu nutzen und sekundenlang wie Kolibris in der Luft zu schweben, hätten mir so einiges zu erzählen gewusst. Dort, an der Bucht der wunderschönen großen Brachvögel…

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